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Kiel backstage: Überraschungsgast

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Leiter des Kinderzauberclubs De Twiel, Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler, Vegetarier seit 1994, im echten Leben Lehrer für Deutsch, Geschichte und Theater) über seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Überraschungsgast (NEUER TITEL!)

Moin!

Oft werden wir Zauberkünstler ja verschenkt. Also von Freunden an ein Brautpaar, von den Kindern an die Jubilare oder eben von der Ehefrau zum 70. Geburtstag an den Gatten. Im Telefongespräch vereinbart man dann, wann genau man wieder anrufen kann, um letzte Details zu besprechen, wo genau man am Tag des Auftritts parkt und wie genau man auf’s Grundstück gelangt, ohne schon vorher gesehen zu werden. So weit, so gut. Manchmal ist dann aber zur vereinbarten Zeit besetzt, kein Parkplatz zu finden und die Gartenpforte „hinten rechts, die mit dem Hundewarnschild, der tut aber nix“ verschlossen. Und sehr hoch. Ja, dann steht man da mit seinen zwei Zauberkoffern im Anzug ohne Schal. Und man hat keinen Handyempfang. Den bräuchte man aber, um die Gastgeberin anzurufen: Hilfe, ich bin da, die Pforte ist zu und der Hund tut glaub‘ ich doch gleich was. Das Schöne ist: Es klappt dann doch irgendwie immer. Spätestens nach 15 Minuten kommt irgendein Gast aus dem Haus, um das großzügig in Zellophan eingepackte Modell mit den ganzen kleinen Geldscheinen aus seinem Auto (super Parkplatz, er war einer der ersten Gäste) zu holen. Der Zauberkünstler – auf den ersten Blick aber ja ein fremder Mann mit Koffern, der sich in der Dämmerung an geschlossene Gartentore heranschleicht – muss jetzt sofort diesen Gast überzeugen, dass jener nun bitte die Dame des Hauses unauffällig nach draußen lockt. Ihr Mann dürfe aber nix davon wissen… Ich gebe selber zu, es hört sich recht halbseiden an. Ich habe relativ schnell gelernt, dass es massiv hilft, als allererstes zu sagen: „Moin, nicht erschrecken, ich bin der Zauberkünstler von Frau XY – UND ich bin eine Überraschung für ihren Mann.“ Der Gast streichelt dann kurz den Hund (ganz lieber Geselle, der tut nix) und sagt drinnen Bescheid. Also meistens.

Wenn es dann soweit ist, dass man seinen Auftraggeber persönlich trifft, läuft in der Regel alles wie geschmiert und der Überraschungsauftritt klappt. Ich warte dann noch einige Augenblicke im Flur oder der Küche und werde kurz darauf angesagt.

In anderen Fällen kann man sich direkt bei Ankunft bereits im Haus verstecken. Mein Kollege Delf saß allerdings einmal 90 Minuten auf einer Gästetoilette fest, weil das Timing so aus dem Ruder lief, dass für seinen Überraschungsauftritt nun wirklich noch keine Zeit war. Ärgerlich. So, und nun stellen Sie sich doch trotzdem nochmals das anfangs Beschriebene vor: Parkplatz, Gartenpforte, Hund. Bei Starkregen. Dann doch lieber die Gästetoilette, oder? Vielleicht hat man da dann ja auch Netz.