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Kiel backstage: Ehrensache

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Kieler Urgestein, Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler und seit 20 Jahren Vegetarier) über seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Ehrensache

Moin! Heute geht es um einen besonderen und viele besondere Menschen. Den ersten Kontakt mit Zauberkunst hatte ich im Rahmen des Kieler Ferienpasses 1993 im wunderbaren Jugendtreff De Twiel, kurz darauf durfte ich schon bei Auftritten des Zauberclubs mitmachen und erlangte so relativ schnell bescheidene Bühnenerfahrung. Eine meiner ersten eigenen Stationen war dann die Räucherei in der Preetzer Straße, ein AWO-Kleinod mit engagiertem Team und kreativen Veranstaltungen. Es war herrlich, herrlich unkompliziert und irgendwie anders. Ich bin in den folgenden Jahren mit verschiedenen Projekten immer wieder dort gewesen und es war jedes Mal eine Freude. Natürlich lernte ich dort auch Hans Jäger kennen, den Gründer vom Kinderzirkus „Beppolino“: eine stattliche Erscheinung mit verrückten Ideen, großem Witz und Hang zum liebevollen Poltern (das gilt für Hans und die Gruppe). Er hat etwas geschafft, um das ihn viele Pädagogen beneiden, er erschuf eine riesige Zirkustruppe mit eigenem Zelt und echtem Tourneeplan, in der weitestgehend ehrenamtlich Dutzenden Kindern eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, viel Selbstvertrauen und nicht zuletzt eine zweite (oder auch erste) Familie geboten wird. Das 15-jährige Jubiläum seines Lieblingsprojekts hat Hans leider nicht mehr erlebt, er fehlt allen sehr. Den Beppolinos und allen Helfern kommt Ende 2014 eine rührende Idee, man möchte im Februar eine Gala mit Gastkünstlern veranstalten, um an Hans zu erinnern – und zwar zugunsten von Jana, seiner bezaubernden Tochter, die gerade eine kostspielige Ausbildung macht. Und so schwärmt es aus, das Zirkusteam, und fragt einfach die langjährigen Wegbegleiter an. Allen ist sofort klar: Ehrensache. Keine Gage, dafür aber das Beppolino-Wir-Gefühl und viele glückliche Gesichter. Deal! Samstag, da treffen sich nun alle im Backstage der Räucherei: wilde Kinder, alte Hasen, Freunde des Hauses, Freunde von Hans, Freunde von Jana. Gemeinsam schießen Sie ein Feuerwerk der Lebensfreude ab, das Publikum ist super, die Laune prima. In drei Blöcken à 90 Minuten wird gesungen, gelacht, getanzt. Pyramiden, Clowns, Konfetti. Hinter der Bühne lachen wir viel, sind gerührt oder zusammen traurig in Erinnerungen. Wir.

Außerdem für’s Protokoll: Zaubertrick im letzten Moment noch gerettet, endlich mal Gerd Hausotto persönlich kennen gelernt (obwohl wir ohne Witz in der gleichen Straße wohnen), Kay Kankowsky endlich mal ins Gesicht gesagt, dass ich seine Lieder mag, mich beim Gastronomen entschuldigt, dass ich ihn mit dem Deutschrocksänger verwechselt habe, und am Ende glücklich nach Hause.

Menschen, die für etwas brennen, können andere entfachen. Im Falle von Hans sogar noch im Nachhinein. Es sollte eine wichtige Aufgabe von Eltern sein, diese Menschen für ihre Kinder zu finden. Los! Kiel ist voll davon.