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Kiel backstage: Terminsache

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Leiter des Kinderzauberclubs De Twiel, Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler, seit über 20 Jahren Vegetarier, im echten Leben Lehrer für Deutsch, Geschichte und Theater) über seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Terminsache

Moin!

Heute möchte ich Ihnen erneut von einer Weihnachtsfeier berichten – denn Januar und sogar Februar sind (ehrlich!) auch noch Weihnachtsfeiermonate. Insbesondere in den Dienstleistungsbranchen wird oft auf eine Mitarbeiterparty im Dezember verzichtet, man holt sie dann im neuen Jahr nach. Von der emotionalen, weihnachtsliebenden Seite mal abgesehen: Das hat doch eigentlich nur Vorteile! Weniger Stress, weniger Parkplatzgesuche in der Innenstadt, freie Termine im Festsaal – und man muss keinen Rotkohl essen.

Gut, ich jedenfalls komme gerade von der Weihnachtsfeier einer mittelständischen Firma, 35 Anwesende, zwei Chefinnen, viel Fingerfood, kein Rotkohl. Ich bin die kurzweilige Unterbrechung nach dem Hauptgericht und zaubere etwas länger als eine halbe Stunde. In meinem für solche Anlässe geschriebenem Programm verschwindet als absoluter Höhepunkt eine Flasche Champagner in meinen Händen. Randbemerkung: Bitte schicken Sie mir jetzt keine Witze, wie man die Flasche durch Austrinken oder ähnliches verschwinden lassen kann, ich kenne bereits alle. Ich baue also einen großen Spannungsbogen auf, die Flasche ist sozusagen fast verschwunden – in der Regel kann man in diesem Moment eine Stecknadel fallen hören – und eine ältere Dame steht auf. Seelenruhig zieht sie ihre Jacke an, hängt sich die Handtasche um, kommt zu mir nach vorne. Ich schaue sie mit hochgezogener Augenbraue an und verharre. Mal sehen, was gleich passiert, es wird entweder eine riesige Frechheit oder zum Schreien lustig, in jedem Fall aber eine Herausforderung für mich. Weiterhin wäre fallendes Nähbesteck sehr hörbar, alle starren abwechselnd auf die gelassene Frau und den versteinerten Zauberer. Sie erreicht den Bühnenbereich, nimmt mein Gesicht in ihre Hände und säuselt: „Jung, du machst dat prima, aber meine Gymnastik fängt gleich an.“. Ich bekomme ein Küsschen. Sie wendet sich dem Ausgang zu und ich muss mich entscheiden: hinnehmen und weitermachen oder reagieren und weitermachen. Reaktion! Ehrensache. Der Zauberer ruft also „Ich hab Dir schon soooo oft gesagt: Sprich, Deine Termine mit mir ab, MAMA!“. Ich habe Glück, das Publikum bricht fast zusammen vor Lachen. Als dann auch noch der Champagner wirklich verschwunden ist, sind wie alle sehr eng befreundet. Später erfahre ich, dass die Dame in der Firma tatsächlich nur „Mutti“ genannt wird, weil sie sich um alles kümmert. Sie ist oft die Erste und Letzte in der Firma, außer freitags, da ist immer Gymnastik. Auch heute. Randbemerkung: Bitte schicken Sie mir gerne weitere Witze, die man an dieser Stelle anwenden könnte. Ich kenne noch nicht alle, ich sammle noch.