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Kiel backstage: Fundgrube

In dieser Kolumne berichtet uns Zauberer Jan Martensen (Gründungsmitglied des Grusellabyrinths, gewählter Lieblingskieler, seit 20 Jahren Vegetarier, im echten Leben Lehrer für Deutsch, Geschichte und Theater) seine Ansichten auf unsere Stadt, die er durch seine vielfältigen Projekte erhält. Eben Kiel backstage, Kiel „hinter der Bühne“.

Kiel backstage: Fundgrube

Moin! Ich komme gerade von meinem Fotografen Lukas Meuser, wir haben Fotos für die Weihnachtswerbung geschossen. Für die Weihnachtswerbung. Im Juni. Oh Mann. Natürlich, wenn wir Karten für den Dinnerzirkus verkaufen wollen, macht es Sinn, den potenziellen Zuschauern die Möglichkeit zu geben, erst mal von den Shows zu erfahren, am besten mit lustigen oder das Interesse weckenden Bildern. Es hat aber dennoch etwas sehr Absurdes, wenn zwei deutlich volljährige Männer sich bei bestem Sonnenwetter mit Tannenzweigen und Kunstschnee, Nikolausmütze und Mistelzweigen bewaffnen, um schöne und festliche Motive zu finden - und trotz exzellenter Planung, die das ausschließen sollte, anderen Leuten begegnen. „Moin! Wir machen Fotos für…“ – „Frohe Weihnachten, hahahaha!“ – „Hm“. Na gut. Aber ich hatte ja letzten Monat schon erwähnt, dass es völlig in Ordnung ist, wenn einen die Leute für leicht bescheuert halten. Echt weihnachtliche Fotos und viel Spaß hatten Lukas und ich trotzdem oder gerade deshalb. Wie immer.

Apropos immer: Die Kieler Woche steht bevor, es geht wieder los. Gut, da ich ja quasi im Auge des Tornados wohne (praktisch), habe ich natürlich ein Parkplatztrauma (unpraktisch) – aber ansonsten bin ich für ein großes Juhu! Hier ein antizyklisches Ranking: Am zweitbesten an der Kieler Woche finde ich die Fähnchen an den roten Bussen - findet sich unter den Lesern vielleicht eine Mehrheit für eine Ganzjahresbusbeflaggungspetition - am allerbesten die Atmosphäre an sich mit all den Künstlern und Straßenaktionen; dieses Fest ist eine Wucht. Meine beste Freundin Nihal und ich können stundenlang an derselben Stelle stehen und einfach nur schauen. Wir fühlen uns dann ein wenig wie in den Pariser Bistros, in denen die Stühle alle zur Straße gerichtet sind. Natürlich freue ich mich auch auf meine eigenen Auftritte, aber zu einigen Terminen erscheine ich als begeisterter Zuschauermuggel. An beiden Samstagen kann man die Kieler Kultband Tiffany erleben, deren fantastische Sängerin Hanne Pries mich ja wie berichtet in ihr Kieler-Woche-Backstage einlud, da bin ich natürlich dabei und werde Ihnen davon berichten. Was liegt da wohl so alles rum? Obst? Kakao? Gelo Revoice? Und kann man mit nur mit Zeltwänden und Catering einen Ruhepol schaffen? Außerdem besuche ich garantiert die „Kieler Stadtbekannten“, seit Jahrzehnten der Name für ziemlich schräges Straßentheater. Dufte! Kieler-Woche-Premiere feierten sie 1988, nach längerer Pause sind sie dann endlich wieder seit letztem Jahr dabei, dieses Mal am ersten Samstag und dann ab Dienstag täglich vor der AWR-Bühne unweit der Krusenkoppel. Das kleine Ensemble ist für seine gute Stimmung vor und hinter den Kulissen bekannt und ich freue mich sehr auf meinen Besuch als ganz normaler Fan. Ich verspreche hiermit außerdem, ohne Weihnachtsdekoration zu kommen. Ehrlich.